Eurofound Blog
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Blogbeitrag
20 June 2017

Migranten steht ein langer Weg zur Integration in den europäischen Arbeitsmarkt bevor

Die Flüchtlingskrise hat Europa vor große Herausforderungen gestellt – eine so große Migration von Menschen haben wir seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr erlebt. Der Exodus aus den vom Krieg zerrütteten Regionen stellte für Frontländer wie Griechenland und Italien zunächst eine humanitäre Herausforderung dar. Die längerfristige Herausforderung der erfolgreichen Integration der Neuankömmlinge ist jedoch ein Problem für ganz Europa. Die Integration dieser neuen Migranten in den Arbeitsmarkt ist nicht nur für ihre soziale Eingliederung, sondern auch für den wirtschaftlichen und politischen Zusammenhalt Europas von entscheidender Bedeutung.

Die wirksame und rechtzeitige Integration neuer Migranten in den Arbeitsmarkt ist in vielen EU-Mitgliedstaaten zu einem wichtigen Thema auf der politischen Agenda geworden. Dies ist nicht verwunderlich, da die Integration in den Arbeitsmarkt nicht nur die soziale Eingliederung erleichtert, sondern auch wichtig ist, um den Druck auf die Sozialsysteme zu verringern, eine wirtschaftlich rationale Antwort (auf die Flüchtlingskrise) darstellt und langfristig die Probleme Europas mit einer alternden Bevölkerung und einer schrumpfenden Erwerbsbevölkerung lindern kann. Darüber hinaus kann eine effektive und nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt den sozialen Zusammenhalt sowohl vor Ort als auch in der Gesellschaft insgesamt verbessern – so können sich die neu angekommenen Flüchtlinge und Asylbewerber beispielsweise durch ihre Kollegen am Arbeitsplatz auf Gemeindeebene und in anderen sozialen Aktivitäten stärker einbringen.

Jedes EU-Land ist von der Flüchtlingskrise betroffen, viele davon direkt. Es handelt sich nicht um ein Thema, das auf nationale Grenzen beschränkt ist, und es kann auch nicht isoliert betrachtet werden. Der Bericht von Eurofound über die Ansätze für die Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt befasst sich mit den praktischen Maßnahmen, die in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten ergriffen wurden. Es liegt auf der Hand, dass die Integration dieser neuen Migranten in den Arbeitsmarkt nicht nur eine Frage der Qualifikationen oder der rechtlichen Verfahren ist, sondern auch die Lebensbedingungen, die geografische Verteilung, die Anreize für Arbeitgeber und die Bildung.

So sind beispielsweise die Lebensbedingungen in Aufnahmeeinrichtungen oft unzureichend, um die Menschen auf den Eintritt in den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Es wird von Überbelegung und schlechten Bedingungen sowie von fehlenden Unterkünften berichtet. Und obwohl die geografische Verteilung von Asylbewerbern und Flüchtlingen innerhalb der einzelnen Länder geplant ist, gibt es keine Garantie für Arbeitsmöglichkeiten in der Nähe der Aufnahmezentren und der Unterbringungsorte.

Unterschiedliche Situationen für Geflüchtete und Asylsuchende

Auch die Situation von Flüchtlingen (Personen mit dem offiziell anerkannten Status des internationalen Schutzes) und Asylbewerbern (Personen, die internationalen Schutz beantragt haben und auf eine Entscheidung warten) kann sehr unterschiedlich sein. Die Finanzierung der Arbeitsvermittlung für Asylbewerber ist oft weniger gut etabliert als die für Flüchtlinge, und der Zugang zu diesen Diensten ist nicht so einfach. Ebenso sind die Sozialversicherungsansprüche für erwerbstätige Asylbewerber in den einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich, und oft sind die Vorschriften weniger günstig als für andere Migrantengruppen, einschließlich Flüchtlinge.

Ein weiteres wichtiges Thema ist das der Bildung. Sonderregelungen für schulpflichtige Kinder von Flüchtlingen und Asylbewerbern sind nicht immer gewährleistet, wobei einige Länder von Kapazitätsproblemen berichten und sagen, dass die Schulen schlecht auf die Aufnahme dieser speziellen Schülergruppe vorbereitet sind. Dies kann in Zukunft zu Problemen bei der sozialen Mobilität führen und den zyklischen Charakter von Armut und sozialer Ausgrenzung verstärken.

Die Zahl der neu ankommenden Asylbewerber seit 2015 hat zu einer verstärkten Inanspruchnahme von vorläufigem Asyl geführt. Dies kann die Position der Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt schwächen, da es Arbeitgeber davon abhalten könnte, sie einzustellen oder ihnen längerfristige Verträge anzubieten, da sie nur ungern in die Ausbildung investieren.

Eine Frage des Zugangs, nicht der Motivation

Trotz dieser Hindernisse für den Zugang zum Arbeitsmarkt herrscht in mehreren Ländern die Auffassung, dass ein Mangel an Arbeitsmotivation das vorherrschende Problem ist, das angegangen werden muss, wobei eine Reihe von Mitgliedstaaten in jüngster Zeit einige nicht beschäftigungsbezogene Sozialdienste und Leistungen für Asylbewerber und/oder Flüchtlinge gekürzt haben. Diese Maßnahmen bergen jedoch die Gefahr, dass die Menschen weiter vom Arbeitsmarkt isoliert werden, da sie es den Betroffenen erschweren, unter menschenwürdigen Bedingungen zu leben. Beschränkungen der Familienzusammenführung könnten ähnliche Auswirkungen haben und die soziale (und arbeitsmarktliche) Eingliederung weiter hinauszögern.

Flüchtlinge und Asylbewerber stehen auch vor besonderen Herausforderungen und administrativen Einschränkungen, wenn sie sich selbstständig machen wollen, und in einer Reihe von Ländern sind Maßnahmen, die darauf abzielen, Flüchtlingen die Selbstständigkeit zu erleichtern, entweder Mainstream-Initiativen oder richten sich an Einwanderer im Allgemeinen und berücksichtigen daher nicht die spezifischen Bedürfnisse von Flüchtlingen.

Trotz dieser anhaltenden Probleme muss anerkannt werden, dass in den wichtigsten Zielländern ein starker politischer Wille besteht, Flüchtlinge und Asylbewerber so schnell wie möglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es zeichnet sich ein breiterer Konsens darüber ab, dass die wirksame Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern eine Priorität für ganz Europa sein sollte. Von diesem Ziel sind wir jedoch noch weit entfernt, und es bedarf einer konzertierten Anstrengung unter Einbeziehung der Sozialpartner, um eine wirksame soziale und wirtschaftliche Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern Wirklichkeit werden zu lassen.

Dieser Artikel wurde ursprünglich veröffentlicht am Soziales Europa

Weiterführende Links

Vereinte Nationen: Weltflüchtlingstag

Veröffentlichung: Ansätze zur Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten und Asylbewerbern:

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Publikation

14 December 2016

Approaches to the labour market integration of refugees and asylum seekers

This report expands on existing research on the labour market integration of refugees and asylum seekers as a response to the refugee crisis. It updates information on legislation and practical arrangements in the first half of 2016, examines labour market integration in the broader context of receiving asylum seekers and supporting both them and refugees, and explores the role of the social partners. The study finds that the main countries affected made many efforts to provide faster and easier access to their labour markets for asylum seekers. In some, the social partners have been active in designing more effective labour market integration policies and have launched some promising initiatives. The sudden and large inflow of asylum seekers, however, posed many challenges, and it remains to be seen how those obstacles can be overcome.

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